Wirtschaftlich, nachhaltig, regional

Viele Fragen beim Nahwärme-Infotag in Neunkirchen

Was bringt mir Nahwärme als Heizenergie und welche Schritte muss ich gehen, um mein Haus anschließen zu lassen? Diese Fragen wurden beim Nahwärme-Infotag am 27. November 2021 im Bürgersaal Neunkirchen beantwortet. Etwa 125 Bürgerinnen und Bürger hatten sich dazu angemeldet und erhielten an vier Stationen fachkundige Antworten auf ihre individuellen Fragen.

100 % ögologisch

Die Fachplaner von der IBS Ingenieurgesellschaft mbH in Bietigheim-Bissingen stellten noch einmal in groben Zügen das Projekt „100 Prozent Neunkirchen – Wärmeversorgung lokal, regenerativ und nachhaltig“ vor: Eine Heizzentrale soll ab 2025 über einen Holzhackschnitzelheizkessel Heißwasser produzieren, das über ein neues Leitungsnetz zu den Anschlussnehmern geführt wird. Zusätzlich bereitet eine Solarthermieanlage Warmwasser und übernimmt übers Jahr 15 % der Wärmeerzeugung. Der Pumpenstrom für den Betrieb des Nahwärmenetzes wird mit einer Photovoltaikanlage erzeugt. Auf diese Weise entsteht Wärme für Warmwasser und Heizung rein aus regenerativen Energien. Damit werden nicht nur CO2– und Lärm-Emissionen vermieden, sondern auch Feinstaub, denn durch seine hochwirksamen Filter entlässt das Heizwerk nur Wasserdampf in die Luft.

Was wird mit meiner bestehenden Heizung?

Die Besucherinnen und Besucher hatten zunächst einmal Fragen zur bestehenden Heizanlage mitgebracht: „Was passiert mit dem restlichen Heizöl?“ Die teilnehmenden Handwerker rieten dazu, den Brennstoffverbrauch im Auge zu behalten und im Jahr vor der Fertigstellung nur noch so viel zu ordern, wie auch verbraucht werden kann. „Kann ich meinen Pufferspeicher behalten und wie sieht es mit der vorhandenen Heizung aus?“, auch diese Frage konnte zufriedenstellend beantwortet werden. Denn gegen die Weiterverwendung eines funktionsfähigen Speicherbehälters ist nichts einzuwenden und die Nahwärme ist für Fußbodenheizung und Heizkörper gleichermaßen geeignet. Auch hauseigene Solarthermieanlagen können in die Wärmeerzeugung eingebunden werden. Überflüssig wird dagegen der Schornstein, denn Nahwärme erzeugt ja am Einsatzort keinerlei Emissionen.

Intelligentes Speichermanagement

Interessiert schauten sich die Besucher die aufgestellte Demonstrationsanlage an. Neben einer Übergabestation und einer Steuereinheit war auch ein Pufferspeicher zu sehen, der eine wichtige Funktion hat. Denn durch das Vorhalten von Heißwasser kann sich jeder Haushalt eine Zeitlang mit Wärme versorgen. Mit diesem Speichermanagement werden gleichzeitig benötigte Wärmeleistungen abgepuffert und das Heizwerk kann kleiner dimensioniert werden als ohne Heißwasserspeicher. In der Folge bleiben auch die Anschlusskosten für die Nahwärmeabnehmer niedriger, neben der Wertsteigerung der eigenen Immobilie ein handfester finanzieller Vorteil.

Abgesichertes System

Was passiert, wenn das Heizwerk einmal ausfällt? Diese Frage eines Besuchers ist gerade an kalten Tagen für alle Nutzer wichtig. Die Fachplaner erklärten das mehrfach abgesicherte System, das aus zwei Biomasseheizkesseln, Solarthermie-Kollektor und einem großen Heißwasserspeicher besteht. Auf diese Weise kann die Gemeinde auch bei einer Reparatur- oder Wartungsarbeit über Stunden mit Nahwärme versorgt werden.

Einmalige Investition mit Langzeitwirkung

Sehr großes Interesse zeigten die Besucher am Themenkomplex „Vertragsbindung“. Die Anbindung an die Nahwärme kostet die Nutzer einmalig 8.330 Euro brutto bis 30kW, inklusive Übergabestation, Pufferspeicher und 15 Meter Anschlussleitung. In der näheren Zukunft, so Bürgermeister Bernhard Knörzer, habe der Anschlussnehmer 40 Jahre lang Ruhe im Hinblick auf weitere Investitionen. Und die laufenden Kosten? Der jährliche Grundpreis für die Nahwärmelieferung beträgt 500 Euro brutto, der Arbeitspreis 9,52 ct brutto. Dieser Preis errechnet sich aus der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme und bleibt beim verwendeten Brennstoff Holzhackschnitzel – im Gegensatz zu Heizöl und Erdgas – voraussichtlich ziemlich stabil. Damit besteht für die Kunden nicht nur Versorgungs-, sondern auch Kostensicherheit. „Und wenn jetzt mein Ölkessel kaputtgeht?“, wollte ein Besucher wissen. Für diesen Fall konnte Bürgermeister Knörzer für die späteren Nahwärmekunden eine Ausnahmegenehmigung vom Landratsamt erwirken, ein gebrauchtes, aber besseres Gerät als Zwischenlösung zu installieren.

Förderanträge wurden vereinfacht

Schließlich ging es noch um das umfangreiche Thema Förderanträge, die jetzt einfacher gestaltet sind. Zum einen hat die IBS Ingenieurgesellschaft eine Muster-Kalkulation erstellt, zum anderen können die Nahwärmekunden sofort nach der Abgabebestätigung des Förderantrags den Nahwärmevertrag mit der Gemeinde unterschreiben. Dipl.-Ing. Uwe Ristl von der Energieagentur Neckar-Odenwald ging mit den Besuchern über Laptop und Beamer den entsprechenden Antrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) Klick für Klick durch. Dabei macht es einen Unterschied, ob man sich „nur“ den Nahwärmeanschluss fördern lassen oder zusätzlich das Haus energetisch sanieren möchte. Nicht nur der Hausanschluss, sondern auch die so genannten Sekundärkosten wie der Austausch alter Ölheizungen, die Anbindung an den Heizkreis, und die Einbindung bestehender Solarthermieanlagen oder Kaminöfen werden nach Bewilligung des Förderantrags zu 35 bis 50 Prozent über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) übernommen.

„Die Gemeinde profitiert, nicht der Ölscheich“

Bleibt noch der Nutzen für die Allgemeinheit: Neben Umwelt- und Klimaschutz möchte die Gemeinde auch wirtschaftlich von der Nahwärme profitieren, um den Gewinn wiederum in Gemeindeprojekte zu investieren. Vom Heizöl profitieren internationale Konzerne zu fast 60 %, ein Viertel der Erträge geht an den Bund und 16 % bleiben bei der Gemeinde. Bei Holzhackschnitzeln sieht das ganz anders aus: 17% der Wertschöpfung gehen an den Bund, nur 3 % an internationale Unternehmen und satte 80 % bleiben in Neunkirchen. Dazu äußerte sich eine Besucherin: „Wir zahlen also dem Scheich nicht sein neuestes Luxusauto!“

Außerdem richtet die Gemeinde Neunkirchen eine Fördersprechstunde ein, um Antragstellern mit Rat und Tat zu helfen. Anmeldung bei Frau Annika Kandora-Dinkeldein, Tel.: 92 12-24

Zum Förderantrag der BAFA gelangen Sie hier.

Neunkirchen, 30.11.2021