Gemeinde übt Vorkaufsrecht aus
Gebäude und Grundstück in Neunkirchen sollen Wohnnutzung zugeführt werden
Auch in der Märzsitzung des Gemeinderats war der Bürgersaal Neunkirchen sehr gut besucht: Etwa 40 Besucherinnen und Besucher wollten sich die Abstimmung über die Ausübung des Vorkaufsrechts für das ehemalige AWO-Freizeitheim nicht entgehen lassen.
Neuer Vorsitzender Gemeindewahlausschuss
Zunächst erläuterte Hauptamtsleiter Ralf Lenz unter dem Vorsitz der Bürgermeister-Stellvertreterin Renate Streng die Nachwahl von Mitgliedern des Gemeindewahlausschusses. Bürgermeister Bernhard Knörzer, der kraft Gesetzes Vorsitzender dieses Ausschusses ist, wird für den Kreistag im Neckar-Odenwald-Kreis kandidieren. Aus diesem Grund musste die Wahl eines neuen Vorsitzenden sowie eines weiteren Mitglieds für den Ausschuss erfolgen. Einstimmig – ohne Stimme des Bürgermeisters – wurden Ralf Lenz zum Vorsitzenden des Wahlausschusses und Simone Winkler zur Stellvertretenden Beisitzerin und Schriftführerin gewählt. Die Wahlausschussmitglieder Ulrich Winkler, Gerhard Fuchs, Erich Bierweiler und Jürgen Kuhn waren schon in der Februarsitzung gewählt worden. Der Gemeinderat nahm außerdem Kenntnis von der vorläufigen Wahlorganisation für die Europa- und Kommunalwahl am 9. Juni.
Notversorgung Nahwärme
Ab Tagesordnungspunkt 2 übernahm Bernhard Knörzer wieder den Vorsitz. Der Gemeinderat hatte über eine redundante Heizungsversorgung für die geplante Nahwärme zu entscheiden. Bei einem temporären Ausfall der Holzhackschnitzel-Heizungsanlage oder der Wärmepumpe sowie in der Zeit des Übergangs bis zur kompletten Fertigstellung soll ein mobiler Heizcontainer mit 900-kW-Ölheizung und 10 000-Liter-Heizöltank zur Notversorgung aufgestellt werden. „Die Alternativen, ein so genanntes Hot-Mobil auf der Grundlage von Heizöl oder Flüssiggas oder ein Biogas-BHKW, wären zwei- bis dreimal so teuer“, erklärte der Bürgermeister. „Die Verwaltung schlägt dagegen die günstigste Variante für die Not- und Übergangsversorgung vor.“ Eine Anfrage bei drei Anbietern ergab Preise zwischen knapp 144.000 Euro und knapp 225.000 Euro. Einstimmig ohne Enthaltungen votierte der Gemeinderat für das günstigste Angebot der Firma Werr und Ludwig in Hüfingen. Die Finanzierung der Notversorgung soll über den zukünftigen Wärmeverkauf sichergestellt werden.
Kassenprüfung
Bernhard Knörzer berichtete außerdem über eine unvermutete Kassenprüfung laut Gemeindeprüfungsordnung. Rechnungsamtsleiterin Judith Kuhn überprüfte den Kassenbestand, die Abwicklung des Zahlungsverkehrs und die Führung der Kassenbücher sowie die Sicherung, Überwachung und Beitreibung der Kassenmittel. Es haben sich keinerlei Beanstandungen ergeben, sodass der Kassenverwalterin Beatrice Geier eine einwandfreie Führung der Gemeindekasse bescheinigt werden kann.
Was wird aus dem AWO Freizeitheim?
Im Weiteren ging es um das ehemalige Freizeitheim der Arbeiterwohlfahrt Rhein-Neckar in Neunkirchen. Die Gemeindeverwaltung erhielt Kenntnis über den Kaufvertrag zwischen der AWO und dem Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis zum Preis von 220.000 Euro. Die Verwaltung prüfe derzeit die Möglichkeiten zur Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts für das Gelände, so der Bürgermeister. „In der Vergangenheit kam es durch die Nutzung als Gaststätte und Unterkunft als Jugendfreizeitheim häufig zu Ruhestörungen, Verunreinigungen und Beschädigungen“, erklärte er. „Aus städtebaulicher Sicht ist also eine Wohnnutzung wünschenswert. Deshalb haben wir das Gebiet im Dorfentwicklungsplan 2020 als Wohnbaufläche ausgewiesen.“
Seit 2021 gebe es laut Baugesetzbuch außerdem das Vorkaufsrecht der Kommune für Alt-Immobilien, von denen erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld ausgehen. Dieses Vorkaufsrecht könne sogar zugunsten eines Dritten, beispielsweise eines Bauträgers oder Investors, ausgeübt werden. Nun sei mit dem geplanten Verkauf die Möglichkeit gegeben, die Immobilie zu erwerben.
Geflüchtete unterstützen, gleichzeitig Wohnraum schaffen
In der nachfolgenden Diskussion der Gemeinderätinnen und -räte betonte der Bürgermeister, dass es nicht darum gehe, dem Landkreis die als Geflüchtetenunterkunft geplante Immobilie wegzukaufen. Im Gegenteil, die Gemeinde habe ihre Verpflichtung zur Unterbringung Geflüchteter immer erfüllt und gerade in den vergangenen drei Wochen drei Familien mit 16 Personen in Gemeindewohnungen untergebracht. Es gehe vielmehr darum, jetzt durch den Kauf der Immobilie einen städtebaulichen Missstand zu beheben, auf den Bedarf an Wohnraum zu reagieren und dabei eine Nutzung auf den Weg zu bringen, die dem ruhigen Wohnquartier förderlich ist.
Auf die Frage eines Gemeinderats erklärte Bernhard Knörzer, dass etwa 600 bis 650 Neunkirchener sich mit ihrer Unterschrift der Resolution der Gemeinde Neunkirchen zur Unterbringung von Geflüchteten im ehemaligen AWO-Freizeitheim Neunkirchen angeschlossen hätten. Ein weiterer Gemeinderat meinte, man solle die Prüfung des Verkehrswerts und die Zusage eines Investors abwarten, bevor man über das gemeindliche Vorkaufsrecht abstimme. Drei Gemeinderäte äußerten sich für eine sofortige Entscheidung, zumal man dem benachbarten Gewerbebetrieb Ponyhof Dinkel die Unterstützung des Gemeinderats zugesagt habe.
Vorkaufsrecht soll ausgeübt werden
Der Gemeinderat stimmte mit sechs Jastimmen und einer Enthaltung grundsätzlich der Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zu. Die Verwaltung wurde beauftragt, alle Parameter dafür zu prüfen und danach die Ausübung des Vorkaufsrechts in die Wege zu leiten. Die Entscheidung des Gemeinderats erntete spontanen Applaus aus den Besucherreihen. In der nachfolgenden Bürgerfragestunde kritisierte ein Besucher diese Entscheidung wegen der Mehrausgabe von 220.000 Euro. Bürgermeister Knörzer entgegnete, dass die Gemeinde an einer Refinanzierung durch ein Betreiber- oder Investorenmodell arbeite.
Informationen des Bürgermeisters
Diverse Baumaßnahmen im Bereich Zeilweg/ Hackwald/ Waldrand und Pattbergstraße beginnen nach Ostern. Dadurch kann es zu Beeinträchtigungen der Verkehrswege kommen. In dieser Sache erhalten die Anwohner demnächst Informationsbriefe.
Nun ist der ideale Zeitpunkt, nochmals über einen nachhaltigen Wärmebezug nachzudenken, um möglichst viele Haushalte im Zuge dieser Baumaßnahme an das Nahwärmenetz anzuschließen.
Nähere Informationen hierzu entnehmen Sie den Amtlichen Bekanntmachungen.