Gemeinderat Neunkirchen beschloss Forstbetriebsplan 2022 und Erhalt der „Mordstockbuche“

Spannend gestaltete sich die Gemeinderatssitzung am 9. Dezember in der Grundschulen-Turnhalle mit Themen rund um Flurneuordnung, Forst und Feuerwehr. Nicht nur der Erhalt der Mordstockbuche, auch der Forst-Betriebsplan wurden lebhaft diskutiert.

Zeitplan der Flurneuordnung ungewiss

Zunächst ging es um den Flurbereinigungsbeschluss, der am 5. November 2019 auf Anregung der Gemeinde vom Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung (LGL) erlassen wurde. Michael Lünenschloß vom Landratsamt, Amt für Flurneuordnung und Landentwicklung in Buchen erläuterte den derzeitigen Sachstand des Verfahrens, das die landwirtschaftliche Nutzung durch Bodenordnung und Infrastrukturverbesserung wirtschaftlicher gestalten und dabei die Ökologie und den Hochwasserschutz fördern soll. Es liegen mehrere Widerspruchsbescheide vor, im Frühjahr wurden hierzu sogenannte „Bedenkenschreiben“ versandt.  An die sechs verbleibenden Widerspruchsführer ergehen demnächst die Widerspruchsbescheide. Diese können dann vor dem Verwaltungsgericht in Mannheim gegen den Bescheid klagen, sodass der weitere zeitliche Verlauf der Neuordnung noch nicht absehbar sei. Lünenschloß hob als Vorteile der Flurneuordnung die besseren Fördermöglichkeiten der Gemeindeverbindungswege, die gleichzeitig landwirtschaftliche Haupterschließungswege sind, hervor. Auch die Möglichkeit, über das neue Gewässerentwicklungskonzept ökologische Ausgleichsmaßnahmen herzustellen, ohne landwirtschaftliche Flächen einzubüßen, wirke sich positiv für die Landwirtschaft aus. Bürgermeister Knörzer appellierte noch einmal an die Bedenkenträger, gemeinsam mit der Verwaltung Lösungsansätze zu finden und damit die Flurneuordnung rasch zu ermöglichen. Der Gemeinderat nahm Kenntnis vom Sachstandsbericht des Landratsamts als Untere Flurneuordnungsbehörde.

Neue Baumarten sollen dem Klimawandel trotzen

Der Fachdienstleiter Forst des Neckar-Odenwald-Kreises, Oberforstdirektor Jörg Puchta, stellte im Tagesordnungspunkt 2 den Betriebsplan des Forstwirtschaftsjahres 2022 vor. Bevor er zu dem eigentlichen Forsthaushalt kam, erläuterte er, wo es im Neunkirchener Forstmanagement in den kommenden Jahren hingehen soll. Grundlage hierfür ist das Forsteinrichtungswerk bis 2025, dem der Gemeinderat im April 2016 zugestimmt hat. Zur Halbzeit des zehnjährigen Einrichtungszeitraums stand im Gemeindewald in diesem Jahr die Zwischenrevision an. Diese zeigte auch im Gemeindewald Neunkirchen deutlich, dass der Klimawandel in vollem Gang ist: Der Landkreis NOK liegt im „moderaten Dürrebereich“ des Dürremonitors Deutschland. 61 % bis 80 % der älteren und alten Baumbestände ab 80 Jahre haben besonders gelitten oder fehlen ganz. Junge Bäume bis 30 Jahre gibt es dagegen reichlich, weil nach den Sturmschadenereignissen „Vivien“ und „Wiebke“ vermehrt Bäume gepflanzt wurden. „Fichte und Lärche“, so Jörg Puchta, „werden im Jahr 2100 nur noch ein marginales Dasein fristen.“ Stattdessen werden vermehrt klimatolerante Douglasien, Esskastanien, Nussbäume, Baumhasel und andere geeignetere Baumarten gepflanzt. Der westliche Neckar-Odenwald-Kreis hat dabei aufgrund seiner besseren Standorte und höheren Niederschläge eine bessere Ausgangssituation wie z. B. das Bauland.

Sinkende Ergebnisse im Forst

Wohin mit dem durch Sturm, Dürre und Borkenkäfer massiv anfallendem „Kalamitätsholz“? Die Holzschwemme und die Niedrigpreispolitik der ankaufenden Sägewerke führten zu schlechten Betriebsergebnissen im Forst, vor allem bei den Nadelholzsortimenten, welche in den Vorjahren oft den Großteil der Einnahmen ausmachten. Deshalb wurden auch 2021 mehr vorgeschädigte alte Buchen gefällt als geplant, die dann einen relativ guten Holzpreis erbrachten und damit hoch willkommenes Geld in die Gemeindekasse spülten. So weist der Haushalt 2021 statt eines vorberechneten Minus von 1.000 Euro mindestens ein Plus von 15.000 Euro, eventuell sogar 30.000 Euro aus. Für 2022 plant die Forstbetriebsleitung 3.260 Erntefestmeter und voraussichtliche Einnahmen von gut 303.000 Euro bei Ausgaben von rund 288.000 Euro. Mit geplanten knapp 15.000 Euro Erlös aus dem Forst ergibt das zwar einen der niedrigsten Erträge der vergangenen Jahre, jedoch zumindest einen positiven Haushalt.

Einspruch gegen die Waldpolitik

Ein Sitzungsbesucher wandte sich nach dem Bericht gegen die angewandten Grundlagen der Forstpolitik. „Aus Anwohnersicht ist es ein Skandal, dass siedlungsnah in Neunkirchen in den letzten Jahren so massiv Altbuchen entnommen wurden und werden“, sagte Kai Spohrer. „Anwohner und Wanderer am Neckarsteig sind stinksauer über die Kahlschläge.“ Er forderte auf, einen vernünftigen Nutzungsplan ohne Kahlflächen aufzustellen und insbesondere mit der Buche konservativer, nach seiner Auffassung also nach wissenschaftlichen Maßstäben zu wirtschaften und insgesamt mehr Bäume stehen zu lassen. Dies sei nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll. Forstbetriebsleiter Matthias Eckert aus Mosbach entgegnete, dass es unterschiedliche Ansätze des Waldmanagements gebe. Die Forstverantwortlichen hielten einen Ansatz für richtig, der eine starke Durchforstung von jungen Wäldern befürworte, um die Widerstandskraft der Bäume für den Klimawandel zu stärken

Neue waldbauliche Konzeptionen

„Beide Sichtweisen sind auf ihre Weise richtig“, schaltete sich Bürgermeister Bernhard Knörzer in die Diskussion ein. „Bisher wurden Waldbestände in langfristigen Verjüngungsverfahren in die nächste Waldgeneration übergeleitet. Teilweise waren hierzu bis zu drei Jahrzehnte angesetzt. Aufgrund der Hitze- und Dürresommer der letzten Jahre wurden die aufgelichteten Bestände geschädigt und mussten schneller als geplant, oft auch aus Verkehrssicherungsgründen, genutzt werden. Am Sportplatz Neunkirchen sieht man nun, dass diese ersten Hiebsmaßnahmen zu umfangreich waren. Die Gemeinde als Waldbesitzer und der Forst müssen die Nutzungsformen des Waldes überdenken und neue waldbauliche Konzeptionen erstellen. Bestände, die noch nicht geschädigt sind, sollten nicht aufgelichtet werden.“ Die Gemeinde wolle ihre Interessen stärker in die Zusammenarbeit mit dem Forst einbringen, auch im Hinblick auf eine vermehrte energetische Nutzung der Waldhölzer im eigenen Nahwärmeprojekt.

Der vorgestellte Forstbetriebsplan 2022 wurde einstimmig angenommen; ebenso die Brennholzpreise, die die Gemeinde für 2022 festgelegt hat und die sich gegenüber dem Vorjahr nicht verändert haben.

Die Mordstockbuche bleibt – vorerst

Die stark geschädigte Neunkirchner „Mordstockbuche“ gab dann noch einmal Anlass zur Diskussion, denn der Vorschlag der Verwaltung plädierte dafür, die natur- und kulturhistorisch bedeutsame Buche stehen zu lassen. Zur Erinnerung an den Mord einer jungen Neunkirchnerin im Jahr 1822 wurde der Platz an der Buche mit einer Erinnerungstafel, einem Gedenkstein und einer Ruhebank versehen. Die Krone der alten Buche wurde aus Gründen der Verkehrssicherung schon einmal stark eingekürzt und in unmittelbarer Nähe „Ersatz“ aus zwei ineinandergedrehten Jungbäumen geschaffen. Der Plan der Verwaltung sieht vor, die historische Buche so lange wie möglich zu erhalten und dafür noch einmal wenige Hundert Euro zu investieren. Die Verkehrssicherheit könne hergestellt werden, indem die Krone noch einmal eingekürzt und damit die Windlast reduziert werde, so Bürgermeister Knörzer. Außerdem solle der Baumstamm mit einem Stahlseil gesichert werden, damit er nicht auf den Weg fallen könne. Die Gemeinde wolle außerdem den Baum regelmäßig kontrollieren lassen und die Haftungsverantwortung übernehmen. Ganz knapp sprach sich der Gemeinderat nach einer lebhaften Diskussion mit 5 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen und einer Enthaltung für diesen Maßnahmenplan aus.

Neue Feuerwehrkommandanten

Im Punkt 3 der Tagesordnung stimmte der Gemeinderat einstimmig der Wahl von Kommandanten und der Ernennung von Ehrenmitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr zu, die im Rahmen der Feuerwehr-Hauptversammlung am 2. Oktober 2021 gewählt worden waren. Neuer Kommandant der Gesamtfeuerwehr ist der Neunkirchner Hauptamtsleiter Ralf Lenz, Stellvertretender Kommandant Oliver Trautmann und 2. Stellvertretender Kommandant Swen Schilling. Die Abteilung Neunkirchen wird von Oliver Trautmann und seinem Stellvertreter Achim Knörzer verantwortet, die Abteilung Neckarkatzenbach von Swen Schilling und seinem Stellvertreter Benjamin Neureither. Leiter der neu gegründeten Altersabteilung ist der bisherige Gesamtkommandant Erich Bierweiler. Zum Jugendfeuerwehrwart wurde Kai Schneider gewählt. Erich Bierweiler und Jürgen Senner wurden zudem wegen ihrer langjährigen Verdienste um das Feuerwehrwesen zum Ehren-Kommandanten und Ehren-Jugendfeuerwehrwart ernannt. Bürgermeister Knörzer lobte das Engagement der Freiwilligen Feuerwehr und den reibungslosen Übergang zu einer neuen Generation von Feuerwehr-Verantwortlichen.

Weitere Beschlüsse

Am Schluss der Sitzung nahm der Gemeinderat Kenntnis von vier Baugesuchen im Baugebiet Langenwald, die gemäß den Vorgaben des Bebauungsplans eingereicht wurden und daher nicht abstimmungspflichtig sind. Aus nichtöffentlicher Sitzung vom 18.11.2021 stammt der Beschluss, die Erbpachtverträge mit dem Boule-Sport-Club und dem Schützenverein Neunkirchen zu ändern. Ein Teil des Grundstücks wurde für die Verwendung des Eigenbetriebs „Energie Neunkirchen“ abgetrennt. Eine Kaufanfrage bezüglich eines Teils der Bauhof-Lagerfläche wurde dagegen nicht positiv beschieden.

Dank an das Gremium

Bürgermeister Bernhard Knörzer bedankte sich zum Jahresschluss beim Gemeinderat für die geleistete Arbeit, die konstruktive und sachliche Diskussion und den Mut, ambitionierte Vorhaben auf den Weg zu bringen. Gemeinderätin Renate Streng übermittelte im Auftrag der Gemeinderäte ihren Dank an den Bürgermeister und die Verwaltung für die gute Vorbereitung der Sitzungen, die umfangreichen Informationen und die Umsetzung der vielen kleinen und großen Gemeindeprojekte. Die nächste Sitzung findet am 20. Januar 2022 statt.

Informationen des Bürgermeisters

  • Das Baugebiet Langenwald ist mit Straßen- und Pflasterarbeiten fertig vorbereitet und wurde am 13.12.2021 rechtzeitig zum Jahresende endabgenommen.
  • Der Sitzungsplan für das Jahr 2022 liegt vor und kann auf der Neunkirchner Homepage eingesehen werden.
  • Die Corona-Impfaktion in Neunkirchen am 11.12.2021 war ein voller Erfolg: Schon am Montag waren alle 100 Impftermine vergeben.
  • Der Nahwärme-Infotag am 27. November 2021 wurde von 125 Neunkirchenern besucht und wird wahrscheinlich im Februar 2022 wiederholt. Hauptamtsleiter Ralf Lenz bietet zusammen mit dem Mitarbeiter der Energieagentur Uwe Ristl eine Fördersprechstunde an, bei der sich Interessierte über die Förderrichtlinien und das Ausfüllen eines Förderantrags informieren können.
  • Wegen der hohen Infektionsrate mit dem Coronavirus wird es im Januar 2022 keine Bürgerversammlung in Neunkirchen geben. Diese wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.
  • Die Gemeinde Neunkirchen erhielt von Familie Stief als Schenkung die beim Leidenharterhof gelegene Hubertuskapelle.