Freiflächen-Photovoltaik, Nahwärme, Glasfaserkabel – neue Infrastruktur für Neunkirchen

Wircon, IBS und BBV informierten über Umfang und Zeitpläne der Maßnahmen

Etwa 40 Neunkirchner Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Infoveranstaltung zum geplanten Ausbau mit Photovoltaik, Nahwärme und Breitbandnetz teil. Hier stellten die am Projekt beteiligten Fachleute vor, wie die neue, zukunftsweisende Infrastruktur aufgebaut werden soll.

„Große“ PV-Anlage

Zunächst berichteten Steffen Steinel und Thomas Sohns von der Firma Wircon GmbH über die klimaneutrale Stromversorgung Neunkirchens mittels einer Photovoltaik-Freiflächenanlage. Die Wircon mit Hauptsitz in Mannheim ist auf die Entwicklung und Errichtung von Solarparks spezialisiert und wird von der Familie Hopp als alleinigem Gesellschafter gehalten. Unternehmensziel ist die Entwicklung, Planung und Errichtung von Solarparks, um Sonnenenergie als eine der wichtigsten erneuerbaren Energiequellen voranzubringen und damit Klimaziele zu erreichen.

Projekt mit vielen Vorteilen

Die Errichtung einer weiteren großen Freiflächen-Solaranlage neben der kleineren Anlage an der künftigen Heizzentrale hat handfeste Vorteile für die Gemeinde: Durch eine kommunale Abgabe von 0,2 Cent pro Kilowattstunde (kWh), Pachteinnahmen für die kommunale Liegenschaft und Gewerbesteuer kann die Gemeinde erhebliche Erträge erzielen. Ein zweiter Vorteil ist die Erreichung von Klimazielen, aber auch die Förderung der Biodiversität. Schließlich sorgt die Freiflächen-PV für regionale Wertschöpfung und eine regionale Stromerzeugung. Dabei können sich die Bürger finanziell am Projekt beteiligen und von der Wirtschaftlichkeit profitieren.

Zwei Anlagen

Zu den „harten Fakten“: Geplant sind eine PV-Anlage in Neunkirchen und eine in Neckarkatzenbach. Nordöstlich von Neunkirchen sollen zahlreiche PV-Module auf einer Fläche von etwa 8,5 Hektar eine Gesamtleistung von gut 11.600 kWp erreichen und rechnerisch 5.100 Zweifamilienhaushalte mit Strom versorgen. Dabei werden etwa 7.500 Tonnen CO2 eingespart. Das Projekt nordwestlich von Neckarkatzenbach soll auf etwa 3,75 Hektar eine Gesamtleistung von etwa 3.700 kWp erreichen, womit 1.625 Zweifamilienhaushalte versorgt werden könnten und knapp 2.400 Tonnen CO2 vermieden werden könnten.

Bürgerbeteiligung möglich

Ein besonderes Augenmerk legten die Projektentwickler auf die finanziellen Vorteile der Freiflächen-PV: Während die Wircon das finanzielle Risiko der Entwicklungs- und Bauphase abdeckt, bietet die Projektgesellschaft der Gemeinde 49 % der Anteile am Solarpark an; 51 % bleiben in der Hand von Wircon. Bürgerinnen und Bürger Neunkirchens können sich durch so genannte Solarsparbriefe an der Finanzierung beteiligen und erhalten eine festgelegte Verzinsung auf die Briefe. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Strom zu vergünstigten Preisen an Neunkirchner Stromkunden abzugeben.

Einnahmen für die Gemeinde

Die Gemeinde erhält auf jeden Fall die Kommunalabgabe von 0,2 Cent pro kWh, das macht in einem Jahr gut 23.000 Euro und fast 700.000 Euro auf 30 Jahre gerechnet. Rechnet man Kommunalabgabe, Pacht, Gewerbesteuer sowie Dividende bei 49 % Anteilen über 30 Jahre zusammen, könnte dies mehr als 13,5 Mio. Euro insgesamt bedeuten, also rechnerisch etwa 450.000 Euro pro Jahr, die dem Gemeindehaushalt und damit den Bürgern zugutekommen würden.

Die Gemeinde muss allerdings zunächst eine Kreditsumme von 2,704 Mio. Euro aufnehmen. Rechnet man alle Einkünfte und einen Verkauf von gewonnenen Ökopunkten dagegen, lohnt sich die Investition schon innerhalb kurzer Zeit. Die Besucher der Infoveranstaltung fragten interessiert nach Details und zeigten sich dem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen.

Infos zur Nahwärme

Über den Planungsstand der Nahwärmeversorgung Neunkirchens informierte Christian Bach von der IBS Ingenieurgesellschaft mbH in Bietigheim-Bissingen. In der Energiezentrale am nördlichen Rand Neunkirchens soll eine Holzheizung Warmwasser erzeugen und über eine Großwärmepumpe ins Neunkirchner Nahwärmenetz einspeisen. Die Rauchgaskondensation nutzt die Abwärme von 160 °C aus dem Rauchgas zur zusätzlichen Wärmegewinnung und entlässt das Abgas mit einer Temperatur von nur noch 50 °C durch den Schornstein aus der Anlage. Das Heizungswasser wird mit 75 °C an das Nahwärmenetz abgegeben. Für genügend Speicherkapazität sorgt ein Wärmespeicher mit über 600 Kubikmeter Inhalt. Der Strom für die Wärmepumpe wird mit einer PV-Anlage oberhalb des Seniorenwohnparks erzeugt. Die Nahwärmerohre mit unterschiedlichen Durchmessern liegen in einer Tiefe von ca. einem Meter unter dem Straßenniveau.

Vergabe von Arbeiten

Mittlerweile sind die Gewerke Holzkessel, Rauchgaskondensation, Wärmespeicher, Wärmeübergabestationen und Elektrotechnik inklusive Trafostation an diverse Firmen vergeben. Tiefbauarbeiten für Nahwärme und Glasfaser, der Rohbau, die Schornsteinanlage und die kleine Freiflächen-PV befinden sich derzeit in der Ausschreibung. Es folgen noch die Ausschreibungen für Gebäude- und Zimmerarbeiten, Heizungstechnik und technische Wärmedämmung. Ab Ende 2025 sollen die Nahwärmekunden in Neunkirchen mit Wärme aus klimagerechter Verbrennung von Holzhackschnitzeln und Strom aus PV versorgt werden.

Nahwärme-Förderungen

Dipl.-Ing. Uwe Ristl von der Energieagentur Neckar-Odenwald klärte die Besucher der Veranstaltung über die veränderten Förderbedingungen für Nahwärme auf. Die Sparmaßnahmen der Bundesregierung sind eine Antwort auf das Milliardenloch im Bundeshaushalt und betreffen einige Bafa-Förderprogramme wie das KfW-Programm Altersgerecht Umbauen und die Bundesförderung Effiziente Wärmenetze (BEW). Nicht betroffen sind einige Fördermittel Gebäudesanierung (BEG), allerdings ist die BEG 2024 noch nicht verabschiedet. Das bedeutet, dass zugesagte BEG-Förderungen bestehen bleiben. 2023 wurden 40 % von 60.000 Euro gefördert; für 2024 ist eine Fördersumme von bis zu 70 % geplant, allerdings nur noch für 30.000 Euro Gesamtkosten. Sollten diese Förderbedingungen gesetzlich festgelegt werden, gibt es für neu beantragende Privathaushalte immer noch gute Zuschüsse für den Heizungstausch und den Anschluss an die Nahwärme.

Schnelles Internet

Das dritte Thema der umfangreichen Infoveranstaltungen war die Anbindung ans Glasfasernetz. Bernd Henkel vom Unternehmen Infrafibre Networks informierten für die BBV Deutschland GmbH („toni“) über die Verlegung der Lichtwellenleiterkabel. Die Ausführungsplanung für das schnelle Breitbandnetz ist fertig, alle Standorte wurden in enger Abstimmung mit der Gemeinde Neunkirchen festgelegt und genehmigt. Die Verlegung soll von Schwarzach her im Süden Neunkirchens beginnen und im Zusammenhang mit dem Nahwärmeausbau sukzessive erfolgen. Neckarkatzenbach folgt danach ab dem 3. Quartal 2024.

Gerade die gemeinsame Verlegung von Glasfaser und Nahwärme führt zu einer Vielzahl von Synergien, welche auch zu Wohle der Bürger beginnend mit dem neuen Jahr nun umgesetzt werden können. Darüber sind sich BBV und Gemeinde Neunkirchen einig.