Eine hoch emotionale Gemeinderatssitzung

Haushalt, Bauen und Geflüchtetenunterkunft

30 Besucherinnen und Besucher bei der Gemeinderatssitzung in Neunkirchen – das sei Rekord, so Bürgermeister Bernhard Knörzer zu Beginn der Februar-Sitzung. „Ich wünsche mir auch weiterhin ein so volles Haus!“ Er übergab die Sitzungsleitung zum Tagesordnungspunkt Wahlen an die stellvertretende Bürgermeisterin Renate Streng. Hauptamtsleiter Ralf Lenz übernahm den Fachvortrag, denn Bernhard Knörzer bewirbt sich zur anstehenden Bürgermeisterwahl und erklärte sich daher für befangen.

Superwahljahr 2024

Für die Europa- und Kommunalwahl am 9. Juni wurde ein Gemeindewahlausschuss gebildet, der die Wahl leitet, Wahlvorschläge zulässt, die Wählbarkeit der Bewerber prüft und das Ergebnis feststellt. Neben den Wahlbezirken I – Neunkirchen- und II – Neckarkatzenbach – wird es einen Briefwahlbezirk geben. Am Wahlsonntag, den 9. Juni 2024, werden nacheinander die Stimmen zur Europawahl und Kreistagswahl ausgewertet. Die Zählung der Gemeinderatsstimmen erfolgt am Montag, den 10. Juni 2024; die Ergebnisse werden um 18 Uhr im Bürgersaal verkündet. Neu ist die Wählbarkeit ab 16 Jahren für die Kommunalwahl; bei der Europawahl bleibt das passive Wahlrecht bei 18 Jahren.

Als Tag der Bürgermeisterwahl wurde der Sonntag, 22. September 2024, festgelegt. Eine eventuelle Stichwahl soll am 13. Oktober stattfinden. Die Stelle wird am 12. Juli 2024 im Staatsanzeiger ausgeschrieben. Die Einreichungsfrist endet am 26. August 2024; die vom Gemeindewahlausschuss zugelassenen Bewerbungen werden am 29. August 2024 im Amtsblatt veröffentlicht. Auch für diese Wahl wurde ein Wahlausschuss bestimmt. Die Gemeinderatsmitglieder votierten einstimmig für die entsprechenden Bestimmungen.

Haushalt 2024

Nach einer hervorragenden Ausgangssituation in den vergangenen Jahren, in denen Investitionen und eine Konsolidierung des Gemeindehaushalts möglich waren, sei für 2024 eine Seitwärtsbewegung und ab 2025 ein massiver Einbruch der kommunalen Einnahmen zu erwarten, leitete Bernhard Knörzer zum Thema Haushalt über. Bei deutlich reduzierten Schlüsselzuweisungen und einer weiteren Steigerung der Kreisumlage gebe es zahlreiche kommunale Aufgaben zu erledigen.

Rechnungsamtsleiterin Judith Kuhn stellte die Haushaltsplanung im Detail vor: Im Ergebnishaushalt steigen die Ausgaben im Vergleich zu 2023 um etwa 150.000 Euro auf 5.480.116 Euro an bei geplanten Einnahmen von 5.236.150 Euro. Im Saldo ergibt sich ein Fehlbetrag von 243.966 Euro, der noch aus Rücklagen der Jahre 2020 bis 2023 ausgeglichen werden kann.

Besondere Kostenfaktoren bestehen in den Ausgaben für die Kindergärten (944.000 Euro – Vorjahr 830.000 Euro; dabei Zuweisungen des Landes: 471.575 Euro; Vorjahr 343.855 Euro), in der zu zahlenden Kreisumlage (819.000 Euro, 113.000 mehr als 2023) und in einer weiteren Umlage (640.895 Euro, das sind 84.000 Euro mehr als 2023). Die Personalkosten steigen auf 1.155.871 Euro, also etwa 30.000 Euro mehr als 2023; das sind 21 Prozent der Gesamtaufwendungen.

Die Investitionen wurden auf das absolut Notwendige zurückgefahren: Für Planungskosten, Straßen- und Kanalbau Zeilweg werden 1,1 Mio. Euro benötigt, die mit etwa 470.000 Euro gefördert werden. Für die Befahrung und Erneuerung der Kanäle sollen 150.000 Euro aufgewendet werden. 60.000 Euro werden für den Bau einer Löschwasserzisterne im Bereich der Sportanlagen eingestellt; für die Planung der Hochwasserschutzmaßnahmen Neckarkatzenbach fallen 50.000 Euro an. 30.000 Euro kostet der restliche Ausbau des Waldkindergartens.

Die geplanten Investitionsmaßnahmen können in den Jahren 2025 bis 2027 nicht mehr aus eigenen Mitteln erwirtschaftet werden. Deshalb werden Kreditaufnahmen eingeplant, um die Mindestliquidität zu sichern: 100.000 Euro Kreditaufnahme im Jahr 2025, 480.000 Euro in 2026 und 320.000 Euro in 2027. Die Zins- und Tilgungsbelastungen erhöhen sich dadurch in den kommenden Jahren; die Pro-Kopf-Verschuldung steigt von 692 Euro Ende 2024 auf 1032 Euro Ende 2027 an. Dazu kommen noch die Belastungen aus dem Eigenbetrieb Energie.

Bürgermeister Knörzer kündigte an, dem Haushalt 2024 zuzustimmen, damit ein ordentlicher Haushalt vorliegt. Er sei aber der Überzeugung, dass die Bebauung der Hummelwiese die bessere Alternative wäre. Der Bebauungsplan war im Februar 2023 beschlossen, durch die Abschaffung des Paragraphen 13b Baugesetzbuch hinfällig geworden und im November 2023 bei erneuter Abstimmung abgelehnt worden. Die Gemeinderäte beschlossen den aktuellen Gemeindehaushalt inklusive Kreditaufnahmen mit acht Jastimmen und zwei Enthaltungen.

Haushalt Eigenbetrieb Energie

Judith Kuhn referierte auch über den Wirtschaftsplan Eigenbetrieb Energie Neunkirchen, denn dieses wichtige Vorhaben will Neunkirchen bis 2026 mit Nahwärme aus Holz und Solarenergie versorgen. 2023 seien die Wärmelieferverträge nochmals auf die notwendige Kostenerhöhung überarbeitet und an die potentiellen Wärmekunden versendet worden, erklärte die Rechnungsamtsleiterin. Der Bauantrag für die Heizzentrale wurde auf den Weg gebracht und die Leistungsverzeichnisse für die Arbeiten wurden erstellt. Bis auf wenige Gewerke wurden mittlerweile alle Arbeiten zu Preisen innerhalb oder sogar unterhalb der Kostenberechnung vergeben.

Im Wirtschaftsjahr 2024 sind Baumaßnahmen im Bauabschnitt 1, der Bau der Heizzentrale, erste Arbeiten an der Photovoltaikanlage, erste Baumaßnahmen im Bauabschnitt 2 und erste Verlegungen von Hausanschlüssen geplant. Zuschüsse von 1,63 Mio. Euro, Investitionsbeiträge von 1,4 Mio. Euro und ein Darlehen von 1,16 Mio. Euro sollen die Kosten decken. 2025 werden etwa 7,85 Mio. Euro investiert, 2026 sind es geplante 2,1 Mio. Euro. Während in den Jahren 2023 und 2024 noch keine Wärmeverkäufe getätigt werden können und damit jeweils ein Jahresverlust von 10.000 Euro entsteht, geht der Plan von einem Jahresgewinn von 58.910 Euro im Jahr 2025 aus. 2026 sollen 100.637 Euro Gewinn erwirtschaftet werden und 65.368 Euro im Jahr 2027. Ein Großteil davon kommt aus zugesagten Fördermitteln. Der Gemeinderat beschloss einstimmig den Wirtschaftsplan mit Liquiditäts- und Finanzplanung der Jahre 2025 bis 2027.

Baumaßnahmen

Der Gemeinderat vergab außerdem die Rohbauarbeiten für die Heizzentrale für 433.382,40 Euro brutto an den günstigsten Anbieter, die Firma Streib GmbH & Co. KG in Mannheim.

Im Zusammenhang mit dem Ausbau der Nahwärmeversorgung wurde die Situation in der Pattbergstraße überprüft. Trotz einer Festlegung von 5,50 Meter Straßenbreite im Bebauungsplan von 1980 wurde die Straße in den 1980er-Jahren mit nur 4,60 Meter Breite realisiert. Für die Verlegung der Nahwärmeleitungen sei eine Verbreiterung auf 5,50 Meter und ein Eingriff in die Böschung unvermeidlich, so der Bürgermeister. Im Bereich ab der Einmündung Reichweinstraße in Richtung Baugebiet Langenwald werde deshalb der Ausbau umgesetzt, auch, um den Begegnungsverkehr mit Bussen und LKW ohne Ausweichen auf den Bürgersteig zu ermöglichen. Der Gemeinderat nahm von diesem Vorhaben Kenntnis. Gemeinderätin Renate Streng bat darum, die Eingangssituation zum Spielplatz Hummelwiese im Hinblick auf Gefahren für spielende Kinder zu bedenken. Ein Sitzungsbesucher bat außerdem um Aufstellung einer Geschwindigkeitstafel, um einen Überblick über das Verhalten der Autofahrer in der Pattbergstraße zu gewinnen, die auf der dann breiteren Straße sicherlich schneller fahren und spielende Kinder gefährden würden.

Der Gemeinderat votierte einstimmig für den Abschluss von Ingenieurverträgen für den Ausbau der Straßen Zeilweg und Am Hackwald, wo die Mischwasserkanalisation erneuert werden soll. Einstimmig wurde auch der Bebauungsplan Worzenwiesen geändert. Hier wird eine Baufläche ausgewiesen und damit ein Fehler im Bebauungsplan behoben. Ein weiterer Bauplatz soll ebenfalls eingerichtet werden. Ein Planungsvertrag mit dem IFK Ingenieurbüro für Kommunalplanung soll abgeschlossen werden; danach geht das Baugebiet in seinen üblichen Genehmigungsablauf.

Aktuelle Informationen

Aus aktuellem Grund berichtete Bürgermeister Knörzer über den Kauf des ehemaligen Freizeitheims der AWO Rhein-Neckar in der Straße „Schönblick“ durch den Neckar-Odenwald-Kreis. Das Landratsamt habe vergangene Woche mitgeteilt, dass darin eine Unterkunft für Geflüchtete eingerichtet werden solle. Es sei von einer Belegung mit bis zu 35 männlichen Einzelpersonen die Rede. Die Gemeinde Neunkirchen spreche sich aus verschiedenen Gründen gegen diese Planung aus: Die Verwaltung habe dem Landkreis zwei Wohnungen für bis zu zwölf Geflüchtete angeboten, dies sei aber nicht wahrgenommen worden. Bei der Auswahl des Objektes sei außerdem das Wohnumfeld nicht berücksichtigt worden: Direkt nebenan veranstaltet der Ponyhof Dinkel Reiterferien für Kinder von acht bis 15 Jahren, zumeist Mädchen. Die Besitzer hätten sich an ihn gewendet, weil Eltern schon jetzt in Sorge um ihre Kinder seien und die Angebote nicht mehr wahrnehmen wollten. Damit sei die Existenz des Ponyhofs in Frage gestellt.

Man habe immer die Verpflichtungen zur Aufnahme Geflüchteter erfüllt, dies müsse jedoch mit Augenmaß geschehen. Die Gemeinde biete dem Landkreis Gespräche an, sofern Kompromissbereitschaft gegeben sei. Um der Sorge um eine entstehende problematische Situation Ausdruck zu geben, habe der Bürgermeister eine Petition ans Landratsamt verfasst, die von allen Interessierten unterschrieben werden kann. Die Unterschriftenliste liegt im Bürgerbüro aus. Die Besitzerin des Ponyhofs und viele weitere Besucher bekundeten ihre Zustimmung zu diesem Vorgehen. Von Frau Dinkel darauf angesprochen, bot auch der Gemeinderat seine Unterstützung an.

Noch einmal Hummelwiese

Zum Ende der Sitzung verlas Gabriele Gärtner eine persönliche Erklärung. Darin rügte sie den Gemeinderat für die Abstimmung gegen das Baugebiet Hummelwiese: Hätten alle Gemeinderäte gleich dagegen gestimmt, „wäre das in Ordnung gewesen, weil verantwortungsvoll und demokratisch“, heißt es in ihrem Statement. „Aber beim ersten und zweiten Mal für das neue Baugebiet zu stimmen und beim dritten Mal dagegen, das ist ein absolutes No-Go!“ Es sei die Pflicht jedes Gemeinderates, Schaden von der Gemeinde abzuwenden.Dieser Schaden sei jetzt schon in den künftigen Haushalten absehbar. Den Vorschlag einer Gemeinderätin, Projekte fremdzufinanzieren, sei für sie zynisch und unfair. Die Gemeinderäte, die ihre Meinung geändert und zuletzt gegen das Baugebiet gestimmt hätten, seien für sie bei der Kommunalwahl 2024 nicht mehr wählbar.

Weitere Informationen

  • Am 1. März 2024 zieht der Waldkindergarten in sein neues Domizil (ehemalige Saatschulhütte) um. Die Nachfrage nach Kindergartenplätzen in dieser Einrichtung ist groß.
  • Am 7. März 2024 beginnt mit Baustelleieinweisungsgesprächen die Baumaßnahme Zeilweg,
  • Am 27. März 2024 um 11 Uhr findet der Spatenstich für den Beginn der Bauarbeiten Nahwärme statt.
  • Der MGV Rauhe Kehle ist neuer Mieter des ehemaliges Tennisheims.
  • Die Unterlagen für die Gemeinderatssitzungen stehen jetzt auf der Homepage der Gemeinde www.neunkirchen-baden.de