Baugebiet Hummelwiese erneut abgelehnt

Zu einer Sondersitzung traf sich der Gemeinderat Neunkirchen Ende November. Einziger Inhalt war noch einmal das Baugebiet Hummelwiese, das in der Sitzung vom 16. November 2023 bei Stimmengleichheit mit vier Jastimmen, 4 Neinstimmen und zwei Enthaltungen abgelehnt worden war. Bürgermeister Knörzer legte Widerspruch gegen diesen Beschluss ein, eine Handlung, die nur sehr selten vorkommt.

Vorangegangene Beschlüsse

Der Aufstellungsbeschluss für das kleine Baugebiet mit fünf Bauplätzen entlang der Pattberg- und Karlstraße war in der Sitzung vom 28. April 2022 mehrheitlich beschlossen worden, und zwar im beschleunigten Verfahren nach §13b BauGB. Am 28. Juli 2022 wurden die eingegangenen Stellungnahmen behandelt. Der Gemeinderat billigte mehrheitlich den Planentwurf und seine Offenlegung. Am 23. Februar 2023 wurden wiederum die nach der Offenlegung eingegangenen Stellungnahmen behandelt. Mehrheitlich beschloss der Gemeinderat die Satzung für das Baugebiet. Damit war das Baugebiet rechtskräftig beschlossen.

  • § 13 b unwirksam

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 18. Juli 2023 den §13b des Baugesetzbuchs (beschleunigte Aufstellung von Baugebieten) für unwirksam erklärt hatte, war dieser Gemeinderatsbeschluss außer Kraft gesetzt. Deshalb setzte der Bürgermeister die Hummelwiese noch einmal auf die Tagesordnung. Das Baugebiet sollte mit Umweltprüfung, Eingriffs-Ausgleichsbilanzierung und Fortschreibung des Flächennutzungsplans ins Regelverfahren nach §2 BauGB überführt werden. Doch der Gemeinderat lehnte in der Sitzung am 16. November mit vier Jastimmen, vier Neinstimmen und 2 Enthaltungen die Neuaufstellung bei Stimmengleichheit ab.

Großer Schaden

„Nach pflichtgemäßer Prüfung der Sach- und Rechtslage bin ich zu der Überzeugung gelangt, dass diese Entscheidung des Gemeinderats nachteilig für die Gemeinde Neunkirchen ist und wesentliche Auswirkungen auf die Gemeindefinanzen hat“, begründete Bernhard Knörzer seinen Widerspruch zu diesem Beschluss. „Bis jetzt sind Aufwendungen von 142.500 Euro für Gutachten, Ingenieurleistungen und Grunderwerb entstanden. Dazu haben wir mit Einnahmen von etwa 870.000 Euro Einnahmen aus dem Verkauf der fünf Bauplätze gerechnet. In der Gesamtbetrachtung würde der Gemeinde also ein Schaden von etwa 1 Mio. Euro entstehen. Dies würde voraussichtlich zu nicht gesetzmäßigen Haushalten und Folgekosten aufgrund kreditfinanzierter Ausgleiche führen. Zusätzlich entstünden nachteilige Auswirkungen auf andere kommunale Aufgaben wie beispielsweise die umfangreichen Hochwasserschutzmaßnahmen in Neckarkatzenbach.“

Auswirkungen auf den Gemeindehaushalt

Eindringlich bat der Bürgermeister die Gemeinderäte, ihre Einstellung zum kleinen Baugebiet zu überdenken, zumal bis Februar 2023 mit dem Aufstellungs-, Abwägungs- und Satzungsbeschluss, wenn auch nicht einstimmig, so doch mehrheitlich für das Baugebiet abgestimmt worden war. Diese Beschlüsse hatten auch Auswirkungen auf die Beschlussfassungen zur Haushaltssatzung und Finanzplanung der kommenden Jahre, beispielsweise die Vergabe von Arbeiten zum Bauvorhaben Zeilweg/ Am Hackwald. Denn mit dem Beschluss für die Hummelwiese hat die Gemeindeverwaltung das Votum des Gemeinderats erhalten, Investitionen zu tätigen – Geld, das nach entgangenen Verkaufserlösen der Bauplätze nun nicht mehr eingenommen werden kann. Ein weiteres Argument: Das Baugebiet biete sich ideal an, weil es direkt an zwei schon erschlossenen Straßen liege und sehr kostengünstig angebunden werden könne, führte der Bürgermeister aus. Es gebe außerdem Interessenten für alle fünf Bauplätze.

Votum der Gemeinderäte

Fast alle neun Gemeinderäte äußerten vor der Abstimmung ihre Meinung zum Baugebiet. Es gebe genügend leerstehende Gebäude in Neunkirchen, sodass ein neues Baugebiet nicht notwendig sei. Außerdem sei ihm kein Bedarf für diese Bauplätze ersichtlich. Das für etwa 43.000 Euro angekaufte Areal könne umgewidmet werden, meinte Dr. Andreas Spohrer. Anmerkung der Gemeinde: Der Preis für den Ankauf der Grundstücke betrug insgesamt rund 100.000 Euro. „Wir diskutieren seit zwei Jahren darüber und haben den Beschluss nach reiflicher Überlegung gefasst“, sagte Ralf Leibfried. „Das Verfahren hat sich geändert, der Inhalt nicht“, meinte Lara Schwindt. „Wir können nicht jedesmal neu entscheiden, wenn sich verfahrensbedingt etwas verändert.“ Katharina Werner gab zu bedenken, dass die Gemeinde angesichts einer schwierigen Finanzsituation nicht auf die Einnahmen verzichten könne. „Können wir nicht unsere Aufgaben fremdfinanzieren?“, fragte dagegen Renate Streng und verwies auf die Funktion der Wiese als Kaltluftschneise. „Ich kann nachvollziehen, dass die Nachbarn der Hummelwiese gern einen unverbauten Blick hätten und gegen das Baugebiet sind“, sagte Karlheinz Emig. „Aber so eine Stimmung zu machen, das sehe ich kritisch. Der Gemeinderat hat keine Eigeninteressen zu berücksichtigen, sondern das Gemeindeinteresse.“

Die Abstimmung und Reaktionen der Bürger

Der Gemeinderat lehnte das Baugebiet Hummelwiese in erneuter Abstimmung mit fünf Jastimmen und fünf Neinstimmen ab. Dagegen ist kein weiterer Widerspruch des Bürgermeisters möglich. „Wir drehen in der Verwaltung jeden Euro um und haben schon alle Gebühren erhöht“, sagte der Bürgermeister. „Ich bin mit meinem Latein am Ende.“ In der anschließenden Bürgerfragestunde zeigten sich nur wenige Besucher zufrieden mit dem Gemeinderatsbeschluss. Ein Sitzungsbesucher brachte die Meinung vieler der zahlreich anwesenden Bürger auf den Punkt: „Das ist heute ein schwarzer Tag für Neunkirchen. Als finanzschwache Gemeinde konnten wir in 16 Jahren unter Bürgermeister Schirk nicht einmal 100.000 Euro pro Jahr aus eigenen Mitteln investieren. Mit dem heutigen Beschluss verschenkt man – netto gerechnet – 500 000 Euro auf einen Schlag mit der Begründung: bessere Durchlüftung! Ich bin entsetzt über diesen Beschluss!“