725 Jahre Neunkirchen – Ein besonderer Grund zum Feiern

Die Verwaltung hatte eingeladen und viele kamen: Bürgermeister Bernhard Knörzer begrüßte am 18. März in der Turnhalle nicht nur die „werten Mitbürgerinnen, Mitbürger und Vereinsvertreter“, sondern auch die lokale Prominenz, allen voran Landrat Dr. Achim Brötel, Stadt- und Kreisrat Georg Nelius und die Bürgermeisterkollegen aus Eberbach, Zwingenberg/Neckargerach, Obrigheim, Schwarzach und Schönbrunn. Auch seine Amtsvorgänger Hermann Vogt und Wolfgang Schirk waren zugegen, ebenso Pfarrer Dorbath, Ehrennadelträger der Gemeinde, zahlreiche Gemeinderäte, Vertreterinnen der Kindertageseinrichtungen und Rektorin der Grundschule Frau Weinreich-Boll. Sie alle wollten zusammen das 725-jährige Jubiläum von Neunkirchen gebührend feiern. Kurzfristig musste neben Minister Peter Hauk auch Pfarrer Samuel Goerke krankheitsbedingt absagen.

Neunkirchens Bürgermeister Bernhard Knörzer mit Kreisrat und MdL a. D. Georg Nelius und
Landrat Dr. Achim Brötel (von rechts) und Dr. Rüdiger Lenz (Mitte) im Kreis seiner beiden Amtsvorgänger
und den Verantwortlichen des Heimat- und Museumsvereins.

Ein jazziger „Happy Birthday Boogie“ bildete den Auftakt zur offiziellen 725-Jahr-Feier Neunkirchens in der Turnhalle. Der Pianist Roman Birnbaum umrahmte mit seinen lebhaften Klavierstücken das Programm aufs Kurzweiligste. Ein „epochaler Wandel“ sei in dieser langen Zeitspanne geschehen, so der Bürgermeister in seiner Begrüßung: „Ein überwiegend landwirtschaftlich geprägtes Dorf mit vielen kleinbäuerlichen Strukturen veränderte sich hin zu einer attraktiven Wohngemeinde.“ Knörzer wies auf den Umbau der Wohnstrukturen, die Ausweisung von Bauland bis hin zur Silbermedaille beim Bundesentscheid „Mein Dorf hat Zukunft“ im Jahr 2010 hin. Momentan stehe man vor den Herausforderungen der nachhaltigen Wärmegewinnung, der Digitalisierung und ärztlichen Grundversorgung, nachdem die fußläufige Nahversorgung durch die Gründung und den Betrieb des genossenschaftlichen Bürgermarktes gesichert worden sei.

„Liebe Neikercher, Katzebacher und Leidehefer“, begann der ehemalige Eberbacher Archivar Dr. Rüdiger Lenz seinen Festvortrag. Das darf er auch sagen, denn Lenz ist durch seine Neunkirchener Großmutter innig mit der 1800-Seelen-Gemeinde verbunden, hat die Ortschronik des Jubiläumsjahres 1998 verfasst und redigiert. Der Historiker hatte altbekannte und neu aufgetane Quellen ausgewertet und führte die Besucher durch eine kurzweilige Geschichtsstunde: Zuerst wurde die Kirche „Nuonkirchen“ im Jahr 1298 erwähnt. In einem Zinsbuch ist schon 1295 von einem Mann namens Walbrun die Rede, dessen Erben 30 Heller Zins zahlen mussten. Sein Gutshof muss sich im Neunkirchener Unterdorf befunden haben.

Sehr spannend erzählte Dr. Lenz von seiner Erkundung eines Geheimgangs vom Turm der Minneburg unter der Burgmauer hindurch ins Freie, den er vor Jahren erkundete. Mittlerweile ist dieser Weg zugeschüttet und die Minneburg in einem schlechten Zustand. Im ausgehenden Mittelalter jedoch hatten die Besitzer der Minneburg Herrschaftsrechte über Neunkirchen. Heute noch verbinden die vier damaligen Straßen Neunkirchen mit den umliegenden Dörfern.

Im Dorfgerichtsprotokollbuch wurden bis 1720 die Gerichtsprozesse und Strafen aufgelistet. Dr. Lenz fand beispielsweise im Jahr 1669 „Zank und Streit in einem Privathaus“, wofür die hohe Summe von drei Gulden verhängt wurde. Zum Vergleich: Ein Knecht verdiente im Jahr neun Gulden, sodass die Strafe wirklich wehtat. In einem weiteren Fall geht es um eine handfeste Rauferei im Rathaus nach einer Gerichtssitzung, bei der sich die Gegner blutig schlugen.

Dafür war das Zentgericht in Reichartshausen zuständig. Der Zentgraf konnte sogar die Todesstrafe durch Erhängen am Galgen, Enthaupten oder Ertränken verhängen. Eine Delinquentin war Elisabeth Kunzmann aus Neunkirchen, die wegen Kindsmordes enthauptet wurde.

Die Häuser Neunkirchens waren im Mittelalter einfach und mit Stroh gedeckt; die Bauern lieferten Käse, Eier und Vögel an den Herrn der Minneburg. Durch die Erteilung eines Marktrechtes und den damit verbundenen Handel floss Geld nach Neunkirchen, das in bessere Gebäude investiert wurde. Das Odenwalddorf ging mit großen Schritten der Neuzeit entgegen und hatte seit 1953 mit der Metallbaufirma Schmitthelm einen echten Industriebetrieb am Ort.

Neuer Ergänzungsband zur Dorfchronik

Nach diesem interessanten Rückblick in die Geschichte Neunkirchens berichtete Adam Frey, Vorsitzender des Heimat- und Museumsvereins, vom Ergänzungsband zur Heimatchronik von 1998, der anlässlich des Jubiläums für fünf Euro angeboten wird. Er bedankte sich bei den Autorinnen und Autoren, die Wissenswertes zur Siedlungsentwicklung, zur Schule und zu den Kindergärten, zu Vereinen, Handel und Gewerbe zusammengetragen haben. Ralf-Peter Schwindt, Sonja Weinreich-Boll und Joachim Winkler trugen gemeinsam mit Adam Frey, Dr. Helmut Friedmann, Ruth Schäfer und Sabrina Weinreich zur Entstehung der Fortschreibung bei. Diese kann im Rathaus zu den gewohnten Öffnungszeiten erworben werden. Bürgermeister Knörzer überreichte den Bürgermeisterkollegen und dem Landrat Dr. Brötel je ein Exemplar, das von den ehemaligen und dem derzeitigen Neunkircher Bürgermeister handsigniert wurde.

Ein launiges Grußwort

Gespannt wartete die Festgemeinde auf das Grußwort des Landrats und wurde nicht enttäuscht: Dr. Achim Brötel erzählte in gewohnt witziger Weise von der Eigenart der Odenwälder, wie sie im Buch des Kreisarztes Dr. Schwarz im Jahr 1900 beschrieben wurde. Der Arzt bestätigte eine besondere Eignung zum Besteigen der Berge, aber eine langsame geistige Entwicklung. Darauf Dr. Brötel: Das können keine Neunkirchener gewesen sein, die müssen aus dem hessischen Odenwald kommen!“

Der Landrat überbrachte die Glückwünsche des ganzen Neckar-Odenwald-Kreises, des Kreistags und der Landkreisverwaltung. Er bedankte sich beim Bürgermeister für seine beständige Arbeit, das gute Miteinander und sein Engagement für die Allgemeinheit: „Neunkirchen ist dank Digitalisierung und weitblickender Konzepte gut für die Zukunft aufgestellt“, sagte er. „Was Neunkirchen auszeichnet, ist das Wir-Gefühl und der Zusammenhalt, sodass Sie optimistisch der Zukunft entgegenblicken können. Und jetzt feiern Sie!“

Nach den Dankes- und Schlussworten von Bürgermeister Knörzer an die Beteilgten des Fesaktes sang man gemeinsam das Badnerlied, ehe die Gemeinde zum Stehempfang einlud.

Feiern zum Jubiläum „725 Jahre Neunkirchen“: