40 Jahre Patenschaft mit Südmähren – Jubiläumstreffen in Neunkirchen

Im tschechisch-österreichischen Grenzland, östlich von Budweis und nördlich von St. Pölten, liegt das ehemalige „Zlabinger Ländchen“ mit den vormals deutschsprachigen Gemeinden Hostes, Lidhersch, Lipolz und Petschen. Im Zuge des verlorenen Zweiten Weltkriegs wurde die deutschstämmige Bevölkerung vertrieben und in alle Winde zerstreut. Etliche Südmährer siedelten sich auch in unserer Region an und fanden ihren neuen Lebensmittelpunkt in Neunkirchen und im Kleinen Odenwald.

Interesse an Patenschaft

Anfang Mai wurde das 40-jährige Bestehen der Patenschaft zwischen den Südmährer Heimatvertriebenen und Neunkirchen gefeiert. Zahlreiche Gäste kamen teilweise von weit her nach Neunkirchen, um das Jubiläum mitzufeiern, zunächst mit einem Dankgottesdienst in der katholischen Kirche St. Bartholomäus.

Patenschaftsurkunde von 1983

Danach wechselte die Festgesellschaft auf Einladung der Gemeindeverwaltung und des Heimat- und Museumsvereins für den offiziellen Festakt in den Bürgersaal. Bürgermeister Bernhard Knörzer begrüßte die Gäste des Südmährerbundes, allen voran Herrn Vorhemus, dem Organisator der Treffen, Herrn Nowak, Herrn Stejskal und Frau Bender-Klein, die Verantwortlichen des Heimat- und Museumsvereins Ralf-Peter Schwindt, Martin Falk, Joachim und Simone Winkler sowie Festredner Dr. Rüdiger Lenz.

Getragen von einem einstimmigen Gemeinderatsbeschluss wurde im Jahr 1983 die Partnerschaftsurkunde von Bürgermeister Richard Wagener und den damals verantwortlichen Ortsbetreuern unterzeichnet.

Noch einmal verlas Bürgmeister Knörzer den Wortlaut der Urkunde: „Den ehemaligen Bewohnern der vier südmährischen Ortschaften und ihren Nachkommen ist die Gemeinde Neunkirchen ein geistiger Mittelpunkt und eine Stätte der Begegnung zur Pflege von Volks- und Brauchtum“, heißt es darin. Das anspruchsvolle Ziel, den Menschen eine Heimat zu geben, legte Bürgermeister Knörzer so aus: „Erhaltet, achtet und fördert das, was unsere Lebenskultur als Ganzes ausmacht – erhaltet nämlich die Werte und somit eben das, was in unserem Leben das Unverzichtbare und Besondere ausmacht.“

Auch in Zukunft Heimat bewahren und Austausch fördern

Die Heimat nicht vergessen und Traditionen bewahren – das sei die eine Seite, die mit der Patenschaft besiegelt wurde. Die andere Seite sei, dass Menschen ihren Gedanken, Gefühlen und Empfindungen und somit ihren persönlichen Wertvorstellungen sichtbaren Ausdruck verleihen wollen. „Möge es uns gelingen – und damit meine ich in ganz besonderem Maße die heutige Generation – es den Verantwortlichen des Jahres 1983 gleichzutun und den Traditionen bzw. Gefühlen für die Heimat in unserem Leben einen festen Platz einzuräumen“, wünschte sich Bernhard Knörzer.

Zeitreise durch 40 Jahre Patenschaft

Robert Stejskal, Kreisbeirat des Südmährerbundes, begab sich mit den Teilnehmern auf eine Zeitreise durch 40 Jahre Patenschaft, die 1983 mit dem Gemeinderatsbeschluss in Neunkirchen und der Unterzeichnung des Patenschaftsvertrags durch den Bürgermeister Richard Wagner begann.

Highlights der Zusammenarbeit

2003 wurde das umgestaltete Heimatmuseum Neunkirchen mit dem Südmähren-Raum wiedereröffnet. 2007 stellten die Südmährer das vom Kreisrat herausgegebene Buch „Das Zlabinger Ländchen – unvergessene Heimat“ vor. Zum 25-jährigen Jubiläum 2008 wurden verdiente Bürger für ihr Engagement ausgezeichnet. 2014 schließlich präsentierten die beiden Neunkirchener Schülerinnen Lea und Sophia Hackel ihr Forschungsprojekt „Zuerst Fremde, dann Nachbarn, dann auch Freunde?“, in dem sie das Zusammenleben von Neunkirchenern und Heimatvertriebenen direkt nach dem Krieg erforschten. Lea und Sophia wurden mit ihrem Projekt Landessieger beim Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten 2012/13.

Blick auf die Zukunft

„Zum Schluss meines Rundgangs steht der Wunsch, diese einzigartige Verbindung von allen Beteiligten weiterhin zu pflegen und all denen für ihren Einsatz zu danken, die nicht mehr unter uns weilen können“, schloss Stejskal seine Begrüßung ab. „In diesem Sinne: Danke und Glückauf!“

 

Geschichte Südmährens und Neunkirchens

Dr. Rüdiger Lenz, ehemaliger Leiter des Eberbacher Stadtarchivs, führte den Festgästen die Entwicklung Neunkirchens und der südmährischen Dörfer vor Augen. Ähnlich wie Neunkirchen in seinem 725. Jubiläumsjahr wurde Lidhersch 1277 erstmals erwähnt, Petschen folgte 1349, Lipolz 1390 und Hostes 1399. In der neueren Geschichte folgte ab 1918 mit der Übernahme des Zlabinger Ländchens durch die Tschechoslowakei eine Zuwanderung tschechischer Bewohner in den bisher fast vollständig deutschsprachigen Gemeinden, bis 1945 die deutschstämmige Bevölkerung vertrieben wurde. Dr. Lenz hat außerdem als Kenner der regionalen Geschichte die Neunkirchener Ortschronik des Jubiläumsjahres 1998 verfasst und redigiert. Der Historiker hatte altbekannte und neu aufgetane Quellen ausgewertet, die in einen Ergänzungsband eingeflossen sind. Dementsprechend erzählte er von Ereignissen aus der Neunkirchener Ortsgeschichte.

Nach so viel Information und Erinnerungsarbeit versammelte sich die Festgemeinde im Hotel Stumpf, um sich zu stärken und die Patenschaft weiter zu bekräftigen.